Der Bildband auf Insta
Einblick in einen Mikrokosmos, zu dem man normalerweise keinen Zugang hat. Schräg, lustig und traurig: Ein Bildband jenseits der Klischees.
Eine Reportage für die Stadt Luzern. kapellbruecke.com
kapellbruecke.com
Wer als Erster auf die Idee kam, Blumenkisten an die Kapellbrücke zu hängen, ist unklar. Anfänglich wurden nur die beiden Brückenköpfe mit Blumen geschmückt. Zum 800-jährigen Jubiläum erhielt die Stadt Luzern vom Gärtnermeisterverband Blumenkisten, um für die Feierlichkeiten erstmals die ganze Brücke seeseitig zu schmücken.
Die einmalig geplante Aktion, kam bei der Bevölkerung so gut an, dass die Brücke fortan jeden Sommer geschmückt wurde.
Die Kisten waren ja jetzt vorhanden. Und schon bald forderten einige Stimmen, auch die zweite Seite mit Blumenkisten auszustatten – unter anderem umliegende Hotels, was aber die Stadt stets ablehnte. Zu teuer und zu aufwändig. Erst 2006 ergriff der ehemalige Leiter Stadtgärtnerei, Thomas Schmid, die Initiative und realisierte als «Rüüdiger Lozärner» die Schmückung der gesamten Kapellbrücke.
40er – 50er Jahre
Schmückung der Brückenköpfe mit Blumen.
1978
Erstmals die Seeseite mit Blumen geschmückt.
2006
Blumenschmuck ziert die ganze Kapellbrücke auf beiden Seiten.
Anfang Mai hängen Mitarbeiter der Stadtgärtnerei die Blumenkisten jeweils an die Kapellbrücke – je nach Witterung, meist gerade rechtzeitig für den Luzerner Stadtlauf. Das perfekte Datum zu finden, ist nicht ganz einfach. Da gibts Markttage, Anlässe und innerbetriebliche Abläufe zu berücksichtigen. Sind die Blumen erst mal an der Brücke, sind sie noch recht klein und wachsen von Tag zu Tag üppiger.
Ihre volle Blütenpracht erreichen sie in den Monaten Juli bis August.
Ende Oktober ist dann Schluss: Nach dem City Marathon werden die Kisten abgeräumt, der Inhalt landet auf dem Kompost der Stadtgärtnerei und es entsteht die Grundlage für den Blumenschmuck im nächsten Jahr. Der Kreislauf schliesst sich.
Janine Rebosura: organisiert, schreibt, bloggt.Mittendrin, statt nur dabei: Die Reportage ist Storytelling mit Stift und Kamera. Authentisch, sympathisch, glaubwürdig. Wir sind Beobachterin und Reporterin zugleich und beleuchten ein Thema aus verschiedenen Perspektiven. Ergibt zimli spannende Einblicke, imfall.
Für die Stadt Luzern und unsere Partneragentur Digital Heroes durften wir ¨überraschende Geschichten rund um die berühmten Holzbrücken recherchieren: Wer schaut, dass die Brücken in Stand gehalten werden, wer putzt, wer tränkt die Blumen und wer macht eigentlich all die Spinnweben weg? Wir haben sie gefunden, die versteckten Helden des Alltags.
Christoph Schoch beeinflusst als Leiter Produktion der Stadtgärtnerei seit fast 30 Jahren das florale Erscheinungsbild der Kapellbrücke. Langweilig wird es ihm deswegen aber noch lange nicht. Der leidenschaftliche Gärtner komponiert und realisiert jedes Jahr ein neues Blumenarrangement für die 278 Kisten. Dabei macht er sich schon ein Jahr voraus Gedanken über die Farbzusammenstellung, über die Auswahl der Pflanzenart und deren Pflege. Wer als Blumenschmuck einen Sommer lang auf der Kappelbrücke brillieren will, muss pflegeleicht und robust sein. Denn Pflanzenschutzmittel wird hier keines eingesetzt.
Christoph Schoch, Produktionsleiter Stadtgärtnerei
Keine weitgereiste Massenware, sondern Qualitätsblumen aus dem heimischen Gewächshaus: Die Stadtgärtnerei produziert den Blumenschmuck der Kapellbrücke allesamt selber. «Da wissen wir, was wir haben», sagt Christoph Schoch.
Von der Aufzucht, über das Mischen der Spezialerde und der Bepflanzung bis zur Pflege kommt alles aus einer Hand.
«Unser Ziel ist es, gesunde und robuste Pflanzen zu produzieren, die den Sommer an dieser Lage problemlos überstehen. Das Schlimmste wäre, wenn wir mitten im Sommer eine Pflanze abräumen müssten, weil sie kaputt geht», so Christoph Schoch. «Davor habe ich immer etwas Bammel. Aber sowas ist zum Glück noch nie passiert.»
278 Blumenkisten
Hängen im Sommer an der Kapellbrücke.
6000 Liter Erde
Braucht es zum Befüllen der Kisten.
12 verschiedene Pflanzen
Wachsen in einer Kiste zu einem kompletten Arrangement.
500 Arbeitsstunden
Investiert die Stadtgärtnerei jährlich in den Blumenschmuck.
Wichtige Basis für eine sommerlange Blütenpracht, ist die Erde. Die Spezialmischung ist extra auf die Bedürfnisse der Pflanzen in den Blumenkisten der Kapellbrücke zugeschnitten und wird von Mitarbeitern der Stadtgärtnerei im Frühling frisch zusammengemischt. Von Kokosfaser bis zur Schafwolle: Die innovativen Gärtner tüfteln und pröbeln ständig an ihrem Rezept.
Die Zusammensetzung soll möglichst umweltverträglich sein.
Ziel ist es, eine hohe Grundversorgung ausschliesslich mit organischen Inhaltsstoffen sicherzustellen. Hauptsächlich kommt da der städtische Kompost zum Einsatz – ein idealer Superdünger, bis auf den fehlenden Stickstoff. Darum mischen die Stadtgärtner zusätzlich Hornmehl, Hornspänen und Schafwolle hinzu, die sich unterschiedlich schnell zersetzen.
Christoph Schoch, Produktionsleiter StadtgärtnereiDiese Erde ernährt die Pflanzen in den Blumenkisten fast ein halbes Jahr lang. Die muss was können.
Machen sich trotz idealer Bedingungen und bester Pflege Schädlinge breit, greifen die Stadtgärtner nicht etwa zur Giftspritze, sondern zu anderen Insekten – sogenannten Nützlingen.
Pestizide dürfen so nah am Wasser nämlich sowieso keine versprüht werden.
So heisst es: Marienkäfer und Schlupfwespen versus Blattläuse, Spinnmilben und Weisse Fliegen. «Es geht nicht darum, alle Schädlinge oder Bakterien zu eliminieren, sondern dass diese nicht die Überhand gewinnen», sagt Christoph Schoch. Erstarken die Schädlinge, müssen auch die Nützlinge unterstützt werden. Schon bei der Aufzucht der Pflanzen kommen darum die kleinen Helfer zum Einsatz.
Dein Unternehmen, deine Passion. Storytelling mit Potential
Storytelling mit Potential
Frühmorgens um fünf Uhr auf der Kapellbrücke: Thomas Wyss dreht den Schlüssel zum Vorraum des Wasserturms, rollt den 140 Meter langen Schlauch sorgfältig aus, öffnet den Wasserhahn und fängt an, die Blumen zu giessen. Es tröpfelt nämlich kein Wasser aus irgendwelchen vorinstallierten Bewässerungsschläuchen.
Im Gegenteil, da sind Handarbeit und Erfahrung angesagt.
Seit über zehn Jahren sorgt der langjährige Stadtgärtner Thomas Wyss für den optimalen Wasserhaushalt und die Pflege der berühmtesten Blumen Luzerns. Dazu gehört auch: Verblühte Blüten entfernen, auf Schädlinge und Krankheiten kontrollieren oder mal eine Pflanze ersetzen. Die Einsamkeit der frühen Morgenstunden mag er dabei genauso, wie die Begegnungen mit den Passanten. Nur ungern überlässt er seine Pflanzen anderen Händen. Denn schon im Gewächshaus hat er eine Beziehung zu ihnen aufgebaut.
Thomas Wyss, Stadtgärtner
Wie lange dauert so ein Giessrundgang?
Thomas Wyss: Fünf bis sechs Stunden. Wegen dem Druckabfall in dem langen Schlauch kommt nicht wahnsinnig viel Wasser vorne raus. Doch das Tempo gefällt mir, habe ich doch so genügend Zeit, die Pflanzen zu beobachten und die Stimmung zu geniessen.
Und wie oft ist das nötig?
Das ist nicht immer gleich. Manchmal giesse ich alle fünf oder alle neun Tage, je nach Wetter. Im Mai brauchen die Pflanzen noch wenig Wasser, da reicht alle 14 Tage. Dann wird es immer wärmer, die Pflanzen werden grösser und brauchen daher mehr Wasser. Darum kann man das Giessen nicht automatisieren.
Warum so früh am Morgen?
Damit ich die Passanten möglichst wenig störe, und sie mich auch nicht. Zuerst bin ich allein auf der Brücke, bevor die ersten Jogger vorbeirennen. Dann wirds immer belebter und es kommt zu spannenden Begegnungen. Ich werde oft angesprochen.
Was erleben Sie da so?
Die meisten fragen mich für Tipps rund um die Pflanzenpflege, oder wollen mich fotografieren. Manche Touristinnen schnappen mir gar das Giessgerät aus der Hand, um damit ein Selfie zu machen. Einmal habe ich sogar einen Stadtgärtner aus Sidney getroffen. Dabei spreche ich sehr schlecht Fremdsprachen. Man versteht sich aber immer irgendwie, etwa mit Zeichensprache. Und die botanischen Namen sind zum Glück auf der ganzen Welt gleich.
Gibts auch negative Erlebnisse?
Es werden hie und da Blüten abgeklemmt, einzelne Pflanzen ausgerissen oder Abfall zwischen den Blumen deponiert. Besonders am Wochenende oder nach einem Anlass. Damit keine ganzen Kisten in der Reuss landen, montieren wir zusätzliche Bügel. Der Vandalismus hat aber eigentlich nicht zugenommen. Doch sowas trifft mich immer ganz persönlich. Es sind halt irgendwie meine Pflänzli.
Adi Barmettler, Geschäftsleiter Hinz und Kunz AG
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