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Sabine. Die Vielseitige.

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Vom ersten Entwurf bis zum fertigen Buch: Sabine Ruepp layoutet, illustriert und produziert gleich noch selbst. Sie liebt es, überraschende Konzepte und anspruchsvolle Inhalte zu realisieren. Was sie ihren Söhnen vorleben will, warum sie den Druck braucht und weshalb BOLD auch fein sein kann.

 

Grafik und BOLD: was kann die Typografie mit dem Inhalt anstellen?

Sabine: Bold ist für mich erst mal ein Fachbegriff für den Schriftschnitt. Bold heisst Fett, dann gibts noch extra bold und heavy bold. Alles Wichtige wie ein Titel ist bold: so lässt sich etwas hervorheben. Spannend wirds, wenn man das umdreht. Wenn du einen ganzen Text bold gestaltest, ist er nümm würkli bold, denn er verschwindet in der Masse. Das zeigt, dass bold eben auch leise und fein sein kann.

BOLD ist also nicht immer raumausfüllend und fettgedruckt?

Nein, ich habe im Prozess mit diesem Letter gemerkt, dass es ein Zusammenspiel von allem ist. Boldletter ist eigentlich nur ein einzelner fetter Buchstaben. Dieser Letter hier ist ein ganzes Minimagazin. Bold ist eben mega schön mehrdeutig.

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Mir gefällt, eine alte Technik total ins Neue zu transferieren.

Sabine Ruepp, Buchbinderin und Grafikerin

Wann warst du das letzte Mal bold?

Heute Morgen, als ich meinen fünfjährigen Sohn alleine heimlaufen liess. Bold ist auch, einer anderen Person etwas zuzumuten.

Du hast letztes Jahr ein Buchbinderpraktikum bei deinem Vater gemacht. Nun übernimmst du Schritt für Schritt die Buchbinderei. Braucht es Mut, in eine «aussterbende» Branche zu investieren?

Es braucht viel Herzblut und eine grosse Portion Zuversicht. Vielleicht auch die Veranlagung, etwas bewahren zu wollen. Den Sinn im Traditionellem zu sehen und es zeitgemäss umzusetzen. Es ist für mich eine einmalige Chance, den Betrieb meines Vaters weiterzuführen. Ich würde mich nicht wagen, sowas ganz von null aufzubauen. Dazu hätte ich auch nicht die nötigen Mittel. Aber eine solche Gelegenheit nicht zu packen, würde mich auf ewig reuen. Wenn es nicht klappt, hänu… Dann gab ich es wenigstens probiert. Manchmal verlässt mich auch der Mut. Dann bin ich froh, mich mit anderen Selbständigen auszutauschen. Ohne die Unterstützung von allen Seiten wäre das Ganze nicht machbar.

Wie motivierst du dich für mehr BOLDness?

Ich habe mir überlegt, was will ich meinen Söhnen vorleben will. Ein modernes Frauenbild: etwas machen, sich nicht verstecken, seine Meinung haben, hinstehen und diese vertreten. Manchmal stösst du halt auf Widerstand, dann machst du eine Kurve. Wie auf der Strasse, wer nur voll egoistisch ist und nur sich selbst sieht, kommt nicht weit. Wenn wir den gesamten Raum sehen, können wir auch mal ausweichen, jemandem Platz machen. Das ist im Job dasselbe. Manchmal braucht es auch den Mut, etwas abzusagen, weil jemand anderes besser dahin passt. Dann gibts Raum für Neues.

Wie gehst du mit Chaos um?

Ich flippe aus. Wenn die Kinder ein Chaos veranstalten, dann schlage ich einen militärischen Ton an, das kommt nicht gut. (lacht)

Braucht Kreativität kein Chaos?

Weil ich es mit dem Chaos nicht so gut kann, muss ich immer wieder neue Wege finden, um Struktur in die Gestaltung reinzubringen. Mein Anspruch: Ich will das Chaos strukturieren. Es braucht eine visuelle Struktur, dass der Inhalt Sinn macht und es die Leute einfacher verstehen.

Das sehen die Lesenden unter Umstände gar nicht?

Ja, das stimmt. Es passiert im Unterbewusstsein. Einen Text, der schlecht abgesetzt ist, kann man zwar lesen, aber man versteht in vielleicht weniger schnell.

Was machst du, wenn der Abgabetermin naht und die Kreativität ausbleibt?

Ich brauche den Druck, um kreativ zu sein. Beim Gestalten sind alle Möglichkeiten offen, aber unter Zeitdruck musst du viel schneller entscheiden. Kreative Momente fliegen einem zu, wenn man die Augen offen hält. Und sich umschaut. In der Natur, im Alltag wenn man sich Zeit nimmt zu spielen und ausprobiert. Ich sammle kreative Momente. Die speichere ich im Kopf ab und wenn ich unter Druck was gestalten musst, gehe ich einfach zurück zu meiner Inspirationsquelle.

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#kurzgesagt

Quadrat oder Kreis?
Kreis. Rund ist einfach schön.

Kursiv oder unterstrichen?
Kursiv. Schräg ist auch schön.

Freipass oder klares Briefing?
Freipass.

Computer oder Atelier?
Atelier.

Alt oder neu?
Alt. Ich finde aus dem Alten entsteht automatisch auch Neues. Das Alte ist da, hat eine Patina, damit lässt sich was machen. Mir gefällt, eine alte Technik total ins Neue zu transferieren.

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«Ich will das Chaos strukturieren.»

Was macht mehr Spass zum Layouten: Schrift oder Bild?

Sabine: Ich spiele lieber mit Bildern. Am Liebsten wenn ich mit einer Gestaltungsidee schon grad Inputs für die Fotos liefern kann. Das Projekt von hinten aufgleisen quasi. Wie wir das jetzt hier mit dem BOLDLetter umgesetzt haben. Wir haben zuerst geschaut, was wollen als Endprodukt und dann die Inhalte dazu kreiert. Und was macht ihr bei scharfsinn lieber: Texten oder Fotografieren?

Micha: Phuaaa, beides. Die Mischung machts aus. Ich möchte mich nicht entscheiden müssen… Aber am alleriliebsten zu dritt mit Janine zum Texten oder als Lichtfee und mit dir Sabine in der Grafik. Mit einer guten Gestaltung gewinnt eben auch ein gutes Bild und ein spannender Text.

Sabine: Warum treibt euch das Thema BOLD so um?

Micha: Weil uns das immer wieder begegnet. Im Gespräch mit unseren Kund*innen, wie sie sich präsentieren auf ihrer Website oder vor der Kamera. Wie sie sich oft nicht so recht trauen, hinzustehen. Wir haben einfach angefangen mit ihnen darüber zu reden.

Janine: Es war immer präsent, zuerst nur bei scharfsinn, dann haben wir uns mit anderen Selbständigen darüber ausgetauscht und gesehen, das Thema macht was mit uns. Wir finden: BOLD-Sein geht uns alle was an.

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